Staatliche Sexualverziehung in Baden-Württemberg: Sie lassen nicht locker

Der überarbeitete Bildungsplan Baden-Württemberg will die Weitergabe des Lebens »wertfrei« betrachten. Aber damit fehlt ihr die Wertschätzung. Wie kann das ein sinnvolles Lernziel für unsere Kinder sein?

In drei Bundesländern (in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt) wird am 13. März 2016 eine neue Landesregierung gewählt. Und die zu recht kritisierten Bildungspläne zur staatlichen Sexualerziehung sind nicht vom Tisch. Offenbar bleiben die Gender-Inhalte nach den ersten Rückziehern in Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg im Prinzip erhalten, werden aber nicht mehr vollständig veröffentlicht.

Die neue Anhörungsfassung des baden-württembergischen Kultusministeriums vom 19. November 2015, die zum Schuljahr 2016/17 in Kraft treten soll, kündigt im Fach Biologie sowohl für die Sekundarstufe I als auch für das Gymnasium unter der Überschrift »Fortpflanzung und Entwicklung« folgende Inhalte an: »Die Schülerinnen und Schüler beschreiben die Entwicklung des Kindes im Mutterleib bis zur Geburt und verstehen die besondere Bedeutung der Fürsorge für das ungeborene Leben. Sie vergleichen und bewerten verschiedene Möglichkeiten der Empfängnisverhütung. Unterschiedliche Formen der sexuellen Orientierung stellen sie wertfrei dar.«

Bei der Auflistung der Einzelthemen heißt es unter dem letzten Punkt (gleichlautend für Sekundarstufe I und Gymnasium): »die Bedeutung der Sexualität für die Partnerschaft (auch gleichgeschlechtliche) beschreiben«. Interessant ist, was hier fehlt: eine positive Familienplanung kommt gar nicht erst vor, und bei der Bedeutung der Sexualität für die Partnerschaft fehlt dementsprechend ihre Fortpflanzungsfunktion. Sie muss sogar fehlen, weil sonst die »unterschiedlichen Formen der sexuellen Orientierung« nicht mehr »wertfrei« dargestellt werden könnten. Selbst diese relativ zurückhaltende Darstellung der antidiskriminierenden Lehrziele offenbart die zwangsläufige Diskriminierung der Normalität. Ist sie nicht länger wünschenswert?

»Wertfrei« heißt im konkreten Fall, dass das Defizit der gleichgeschlechtlichen Liebe bei der Fortpflanzung nicht mehr bedauert, vielleicht sogar nicht einmal mehr benannt werden darf. Was aber würde den »wertfreien« Blick auf die positive Familienplanung dann noch von der Feststellung ihrer Wertlosigkeit unterscheiden? Das Diskriminierungsverbot kann nur konsequent eingübt werden, wenn die Vorteile der zweigeschlechtlichen Lebensweise unter den Tisch fallen. Aber was für eine Schulbildung ist das, die den Kindern die Auskunft über die Folgen einer bestimmten Lebensführung verweigert? »Risiken und Gefahren« kennt der Bildungsplan nur noch im Zusammenhang mit der Schwangerschaft. Wer die nicht erlebt, zieht scheinbar das große Los.

Das Problem wäre nicht die Aufforderung zur Toleranz gegenüber anderen Lebensformen. Das Problem  ist das Wertungsverbot, das aus der Forderung nach voller Akzeptanz folgt. Das Problem ist der vollendete Relativismus, der die Weitergabe des Leben nur noch beschreiben, aber nicht mehr wertschätzen kann. Ist dieser Eindruck von der Neufassung des Bildungsplans falsch? Wenn ja, lassen wir uns gern korrigieren.

Dieser Artikel erschien zuerst auf freiewelt.net